Interview mit Amadeus van Lier
Erbach. Seit Februar dieses Jahres ist Amadeus van Lier im Auftrag der Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH (OREG) als Ansprechpartner für die Oberzent tätig. In einem Interview spricht er über seine Handlungsfelder, Netzwerke und Projekte zur Wirtschaftsförderung.
Journalist: Herr van Lier, seit Februar dieses Jahres sind Sie im Auftrag der Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH (OREG) als Ansprechpartner für die Oberzent tätig. Wie kommen Sie eigentlich zur Wirtschaftsförderung?
van Lier: Nach einigen Berufsjahren in der Privatwirtschaft und einem Studium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre war mein Wunsch groß, an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft zu wirken und gleich für eine Vielzahl von Firmen und für eine ganze Region unterstützend tätig zu sein. Genau diese Möglichkeit sehe ich hier.
Journalist: Aber Wirtschaftsförderungen gibt es vielerorts. Was hat Sie bewogen ausgerechnet in den Odenwaldkreis zu kommen?
van Lier: Das hat viele Gründe. Zum einen zeigen einige der großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands sich in besonderer Deutlichkeit im ländlichen Raum; Stichwort demographischer Wandel und Fachkräftemangel. Dies lässt einer regionalen Wirtschaftsförderung eine besondere Bedeutung und zahlreiche potenzielle Handlungsfelder zukommen, was für mich einen besonderen Reiz ausmacht. Zum anderen habe ich mich aber auch als junger Vater von zwei Kindern für diese ländliche Region, also den Odenwald entschieden. Hier habe ich nämlich viel Natur, gleichzeitig aber auch flächendeckendes Glasfaser-Netz. Eine sehr verlockende Kombination für junge Familien! Letzteres ist übrigens ein von der OREG-Tochter Brenergo umgesetztes Projekt, welches ja geradezu perfekt den Wirkungsgrad einer Wirtschaftsförderung im ländlichen Raum verdeutlicht.
Journalist: Und was sind nun Ihre konkreten Handlungsfelder?
van Lier: Als Projektreferent bin ich der Ansprechpartner für die Oberzent. In dieser Position übernehme ich unter anderem drei große Aufgaben: Erstens Netzwerkarbeit. D.h. nachhaltige Kontakte in die Metropolregion Rhein-Neckar aufbauen und dort insbesondere die Stadt Oberzent als attraktiven Wirtschaftsstandort positionieren. Zweitens Flächenmanagement. Alle leerstehenden gewerblichen Flächen und Immobilien in der Stadt Oberzent erfassen und über das Kommunale Immobilien-Portal vermarkten und somit für Investoren sichtbar machen. Drittens Unterstützung standortstärkender Initiativen. D.h. zukunftsweisende wirtschaftsrelevante Projekte begleiten und nach Bedarf gezielt unterstützen.
Journalist: Zeichnen sich in den von Ihnen erwähnten Bereichen denn schon Erfolge oder erste Fortschritte ab?
van Lier: Ja, auf jeden Fall. In Hinblick auf die Netzwerkarbeit darf die OREG schon bald die Geschäftsführerin des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar im Odenwaldkreis begrüßen, um gemeinsam die Möglichkeiten einer Intensivierung der Kooperation auszuloten. In puncto Flächenmanagement sind bereits viele Eigentümer unserem Aufruf gefolgt, uns ihre leerstehenden Gewerbeflächen und -immobilien zu melden. Und hinsichtlich der Initiativen sind besonders positive Entwicklungen zu verzeichnen.
Journalist: Welche wären das?
van Lier: Zum einen gibt es da die Gewerbeausstellung auf dem Pferdemarkt. Nachdem die Gewerbeausstellung nach langer Zeit nicht mehr stattzufinden drohte, kamen Anfang des Jahres zwei Unternehmer der Oberzent auf die OREG zu, mit der Bitte, die Bemühungen zur Neukonzipierung der Ausstellung zu unterstützen. Daraufhin formierte sich schnell eine engagierte Unternehmergruppe aus Erfahrenen und jungen Wilden, die in zahlreichen Sitzungen ein gänzlich neues Messe-, Hallen- und Standkonzept entwarfen. Von Beginn habe ich diesen Prozess begleiten und moderieren dürfen. Die Zusammenarbeit mit den Unternehmern war und ist dabei für mich besonders bereichernd und motivierend. Es bereitet große Freude, zu sehen, mit wieviel Kreativität und Einsatzbereitschaft die Unternehmer Hand in Hand arbeiten, um gemeinsam etwas Neues zu kreieren. Schon jetzt kann ich sagen, dass sich jeder Odenwälder auf die Gewerbeausstellung bzw. auf die Oberzent Expo, kurz „die OX“, freuen kann.
Die andere Initiative, die von der OREG-Referatsleiterin, Gabriele Quanz, intensiv begleitet wird, ist das Inkubatorenprojekt „Revive Oberzent“. Hier geht es darum, Menschen, die eine Idee zur wirtschaftlichen Entwicklung für die Oberzent haben, eine Plattform zu bieten, wo sie diese in vertrauensvoller Runde und durchaus auch in einem noch rudimentären Entwicklungsstadium präsentieren können. Wird die Idee vom Expertenkreis als vielversprechend angesehen, so erhält der Ideengeber eine große Bandbreite an kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsdienstleistungen, die ihm ermöglichen, seine Idee in der neuen Stadt Oberzent schnell und erfolgreich umzusetzen. Da mit diesem Projekt vor allem Ideen für Existenzgründungen entstehen und begleitet werden sollen, erfolgt die Projektkoordination bei der OREG über die Gründungsoffensive Bergstraße-Odenwald, die aus Mitteln der EU und des Landes Hessen gefördert wird. Auch das Mentorennetzwerk, vertreten durch Heinz Bechtold, bringt sich bei Revive Oberzent aktiv mit ein.
Journalist: Welche Rolle spielt denn das Team des Wirtschafts-Service für Ihre Tätigkeit?
van Lier: Das Team des Wirtschafts-Service ist entscheidend für meine Arbeit. Hier sind zahlreiche Kompetenzen gebündelt, z.B. im Bereich Gründung, Unternehmensübergabe, Bauprojektbegleitung oder Finanzierungs- und Fördermittelberatung. So kann ich viele Anfragen von Unternehmern und Gründungswilligen sofort an die jeweiligen Experten in der OREG weiterleiten, um mich anschließend wieder auf meine primären Handlungsfelder zu konzentrieren. Zudem habe ich innerhalb der OREG für alle Vorhaben einen entsprechenden Sparrings-Partner und bin gleichzeitig umfassend über die von der OREG begleiteten Projekte informiert. Nicht zuletzt entstehen im offenen Austausch zwischen den Beteiligten oft auch neue wertvolle Ideen für die Oberzent, die wir dann gemeinsam weitentwickeln und umsetzen können.
Journalist: Ist vor diesem Hintergrund ein eigenes Büro für Sie in der Stadt Oberzent sinnvoll?
van Lier: Als ständig von mir besetztes Büro sicherlich nicht. Neben den zuvor erwähnten Aspekten, die klar für meinen Arbeitsort in Erbach sprechen, gilt es nämlich zudem zu berücksichtigen, dass ich auch vom Standortinformations-System und der Unternehmensdatenbank intensiv Gebrauch mache, was mir ein effizientes Arbeiten ermöglicht. Angedacht ist, einen Tag in der Woche in der Stadt Oberzent präsent zu sein, um somit den Unternehmerinnen und Unternehmern der Stadt Oberzent die Möglichkeit zu geben, auch in einem Vier-Augen-Gespräch vor Ort, Themen/Projekte/Initiativen zu besprechen. Diese Option wird bald mit dem neugewählten Bürgermeister, Herrn Christian Kehrer, besprochen werden.
Journalist: Herr van Lier, herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
van Lier: Sehr gerne.