von MANFRED GIEBENHAIN
Erbach. Wie kann in Zeiten von internationalen Konflikten, Inflation, Lieferengpässen, Fachkräftemangel und Klimaveränderungen eine Unternehmensgründung erfolgreich gelingen? Einfach war es noch nie und unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kommt es auf den ersten Blick einer Herkulesaufgabe gleich, den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Damit Gründerinnen und Gründer nicht nur bei den ersten Schritten auf sicherem Boden unterwegs sind, sondern sich auch im alltäglichen Wettbewerb behaupten und ihre Ziele weiterverfolgen können, sind Wirtschaftsförderer wichtiger denn je. Dies trifft insbesondere auf die Förderungsgesellschaften der Landkreise Odenwald und Bergstraße zu, die wieder auf der Suche nach den besten und damit beispielgebenden Gründungen in ihrem jeweiligen Gebiet unterwegs waren. Die Ergebnisse wurden am Dienstag (29. November 2022) im Volksbank Atrium am „Haus der Energie“ in Erbach vorgestellt. In einem festlichen Rahmen nahmen an der Preisverleihung des Gründungswettbewerbs Bergstraße-Odenwald geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Handwerk teil.
Im Odenwaldkreis laufen alle Fäden rund um die Beratung und Förderung von Unternehmensgründungen und –übernahmen beim Wirtschafts-Service der Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH (OREG) zusammen, für den Referatsleiterin Gabriele Quanz verantwortlich zeichnet. Übergeben wurden die Preise von OREG-Geschäftsführer Marius Schwabe und den Sponsoren in den ausgelobten Wettbewerben. Der Kreis Bergstraße, vertreten durch Geschäftsführer Dr. Matthias Zürker von der Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH, hat seine Gewinne separat vergeben. Von Seiten des Handwerks nahm Betriebsberater Olaf Kittel von der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main teil.
Prominenter Gast der Veranstaltung war die Abteilungsleiterin für Außenwirtschaft, Mittelstand, Berufliche Bildung, Technologische Innovation im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, Dr. Mandy Pastohr. Im Input-Interview mit den beiden Landräten Christian Engelhardt (Bergstraße) und Frank Matiaske (Odenwald) bestätigte der Gast aus dem Ministerium, dass die „Gründungsoffensive“ und der Wettbewerb auch bis ins das Jahr 2027 finanziell gesichert sei. Den aktuellen Preisträgern bescheinigte sie, den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. „Wer heute nicht von Beginn an auf Nachhaltigkeit setzt, begeht einen Fehler. Erfolg hat, wer neben seiner Geschäftsidee auch technische Neuerungen mit der Lösung von ökologischen und sozialen Problemen in Einklang bringt“, so Dr. Mandy Pastohr. Sie dankte allen, die sich in diesem Sinne engagieren. Mit einem zweiten Platz sei Hessen unter den Gründungen mit dem Siegel „Green Startups“ bundesweit bereits sehr gut vertreten. Die Moderation des Abends lag in den Händen von Marc Monien, der ebenfalls ein eigenes Unternehmen gegründet hat.
Niemand dürfte bestreiten, dass zur Gründung eines Unternehmens eine gehörige Portion Motivation und Mut gehört. Beim Preisträger in der Kategorie „Klassische Gründung inklusive Unternehmensnachfolge“ kommt hinzu, dass als treibende Kraft die persönliche Betroffenheit mit einem zuvor unbekannten Thema etwas Einmaliges in Bewegung gebracht hat. Claudio Cinquemani aus Michelstadt hat 2017 eine Patientenorganisation gegründet, aus der das Unternehmen „CureRare – Accelerating paths to therapies“ hervorgegangen ist, das der junge Familienvater gemeinsam mit Jidnyasa Gujar und Christoph Meyer führt. Auslöser war die buchstäbliche Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen, berichtete er auf der Preisverleihung. Als sein Sohn vor sechs Jahren an einer seltenen und damals als unheilbar geltenden Stoffwechselkrankheit erkrankte, nahm der Biochemiker die Herausforderung an und war erfolgreich. Er hat den Spezialisten finden können, der es geschafft hat, ein wirksames Medikament für seinen Sohn zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Jetzt ist er angetreten, sein dabei erlangtes Wissen und Wirken um seltene Krankheiten weiterzugeben. Das junge Unternehmen steht für die Beratung und Unterstützung von Betroffenen und Patientenorganisationen von seltenen Krankheiten bei der Suche nach Therapieansätzen auf der Basis von KI-Technologien. CureRare übernimmt dabei die Beratung der Patientengruppe, die KI-gestützte Vernetzung mit Klinik und Forschungseinrichtung, Organisation der Anschubfinanzierung und die Antragstellung sowie das Management der Projekte (www.curerare.de). Gestiftet wurde der Preis in Höhe von 2000 Euro von der Sparkasse Odenwaldkreis, für die der Abteilungsleiter Firmenkundencenter, Günther Hanst, die Bühne betrat.
Auf nicht nur im übertragenen Sinn neuen Wegen unterwegs ist auch Kristin Fitterer, die in Erbach ihr Geschäft „Zehenspiel Barfußschuhe“ eröffnet hat. Die Geburt ihrer Zwillinge vor fünf Jahren lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Füße der Babys. „Bereits im Kindesalter werden die Weichen für viele Zivilisationskrankheiten gelegt, unter anderem durch falsches Schuhwerk“, berichtete die junge Mutter. Enttäuscht vom Angebot an Barfußschuhen beschloss sie, 2019 sich selbstständig zu machen, um fortan durch Beratung, exakte Vermessung der Füße und ein breites Sortiment von Barfußschuhen für Kinder und Erwachsene für jeden Anlass und jede Jahreszeit ein inzwischen auf diesem Gebiet unvergleichlich erfolgreiches Unternehmen zu gründen. Belohnt für diesen Einsatz wurde sie mit dem Preis in der Kategorie „Junge Unternehmen im Wachstum“, der von der Volksbank Odenwald gestellt und mit 2000 Euro dotiert ist. Glückwünsche kamen von Prokurist Fred Schweikert. Beide Preisträger erhielten zusätzlich ein Medienpaket des Odenwälder Journals.
v.l.n.r.: Fred Schweikert, Volksbank Odenwald, Dr. Claudio Cinquemani, Curerare (Preisträger Hauptpreis), Landrat Frank Matiaske, Gabriele Quanz, OREG, Kristin Fitterer, Zehenspiel e.K., Marius Schwabe, OREG, Günther Hans, Sparkasse Odenwaldkreis, Dr. Mandy Pastohr, HMWEVW. Foto: Manfred Giebenhain